Am 30. November 2024 ist Wilhelm „Willi“ Lang im Alter von 98 Jahren friedlich eingeschlafen – mit sich und der Welt im Reinen. Er hinterlässt neben seiner Frau Mia eine Tochter und zwei Söhne, 5 Enkelkinder und 5 Urenkel.
Sein Tod reißt nicht nur in der Familie eine schmerzliche Lücke, sondern auch in zahlreichen Vereinen und Einrichtungen, in denen er sich – oft federführend – ehrenamtlich engagiert hat.
Als der Krieg ausbrach, war der aus Radl gebürtige Neugablonzer noch keine 14 Jahre alt. 1943 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Nach Krieg, Lazarett und Vertreibung traf er 1948 in Kaufbeuren wieder mit seinen Eltern zusammen. Anfänglich arbeitete er als Glasschleifer und Glasdrücker. 1951 zog er in den neu entstandenen Stadtteil Neugablonz und hat dort von Anfang an am Wiederaufbau der Gablonzer Glas- und Schmuckindustrie mitgearbeitet. Von 1954 bis zu seiner Pensionierung 1986 war Willi Lang Angestellter der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank.
In seiner Freizeit hat er sich im Turnverein Neugablonz sowohl aktiv als auch später in verschiedenen Funktionen ehrenamtlich eingebracht. Darüber hinaus hat er sich als langjähriger, ehrenamtlicher Mitarbeiter beim Gablonzer Archiv und Museum e.V. auf Krippengeschichte spezialisiert und sich hier ein umfangreiches, überregional anerkanntes Wissen erworben. 1988 gründete er die Arbeitsgemeinschaft Sudetendeutscher Krippenfreunde. Er fungierte bis 1994 als deren Vorsitzender und organisierte eine Reihe großer, erfolgreicher Krippenausstellungen. Maßgeblich zeichnete der „Krippenflüsterer“, wie ihn der Stiftungsratsvorsitzende Dr. Martin Posselt bezeichnete, auch für die Krippensammlung des Isergebirgs-Museums verantwortlich. Eigentlich sei die Isergebirgs-Krippenabteilung, so Dr. Posselt, ein „heimliches Museum Lang“
Auch um den Aufbau der übrigen Sammlungen im Isergebirgs-Museum Neugablonz hat sich Willi Lang verdient gemacht. Hier wurden seine Kennerschaft und seine Fähigkeit, Objekte aufzuspüren und ihren Wert einzuschätzen, besonders deutlich. In die Kirchentradition der „Heiligen Gräber“ – Altäre mit hinterleuchteten Glassteinen aus Gablonz – hat sich der Brauchtumsforscher Lang ebenfalls eingearbeitet. Einer dieser von Willi Lang in Schwaben entdeckten Altäre ziert mittlerweile als Herzstück den religiösen Bereich des Isergebirgs-Museums. Zudem verdankt das Museum dem „Sammelgenie Lang“ – wie ihn Dr. Posselt nannte – einzigartige Ausstellungsstücke, wie den Siegerschlitten der ersten Europameisterschaft im Rodeln, die 1914 auf der Jeschken-Rodelbahn in Reichenberg stattfand.
Willi Lang war ein eher stiller und zurückhaltender Vertreter der Sudetendeutschen Kultur. Dennoch blieben seine mannigfachen Verdienste nicht unbemerkt. Beim Sudetendeutschen Tag 2015 in Augsburg überreichte Emilia Müller, die damalige Schirmherrschaftsministerin, zusammen mit Bernd Posselt, dem Sprecher der Sudetendeutschen, im prächtigen Goldenen Saal des Augsburger Rathauses Willi Lang den Sudetendeutschen Volkstumspreis.
Langs politisches Interesse galt von jeher den Freien Wählern. Diese zeichneten ihn im Juni 2022 für über 50-jährige Vereinstreue mit der Ehrenmitgliedschaft aus. Seine sämtlichen Ehrungen darüber hinaus aufzuzählen würde allerdings, so Sohn Thomas, jeglichen Rahmen sprengen.
Einen besonderen Stellenwert im Leben von Willi Lang hat immer die Saskaler Armee eingenommen. Deren Zweck ist die ausdrückliche Absicht, das Militär auf die Schippe zu nehmen und vor allem gemeinsam Spaß zu haben. In der respektlosen „Vrhounepiepelung“ (Verspottung) von Militarismus spiegelt die Armee eine prägnante Facette sudetendeutscher Mentalität wider. Die „1912 ½“ in der alten Heimat gegründete Saskaler Armee hatte Mitte 2012 ihr 100. Jubiläum begangen. Im September 2024 konnten die Saskaler nun auch die vor 70 Jahren durch Willi Lang nach dem II. Weltkrieg in Neugablonz erfolgte Wiederbelebung ihrer Armee feiern.
Willy Lang hatte seit 1954 die Geschicke der Armee als „Hauptmann“ 40 Jahre lang geleitet und kann stolz darauf sein, dass diese dank ihm verschworene Gemeinschaft kaum Nachwuchssorgen hat. Heute ist zum Teil bereits die dritte Generation in der Armee aktiv und die vierte wächst heran. Lang war bei seiner Verabschiedung in den Saskaler Ruhestand zum ersten „Hauptmannissimus“ ernannt worden und darf den Saskaler Orden vom Goldenen Vlies tragen. Die Teilnahme am 70. Jubiläum war eine der letzten großen Freuden des Hauptmannissimus.
„Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen seiner Mitmenschen“, hat Albert Schweitzer gesagt. Dieses Denkmal hat sich Willi Lang mehr als verdient. Nicht nur seine Familie, sondern auch Neugablonz wird sein Andenken stets liebevoll im Herzen bewahren.