Andreas Bauer und Max Ruf: Stimmen zum Beschluss
„Nachgefragt“ von Wir sind Kaufbeuren
In der Kabinettssitzung vom Dienstag, dem 23. Juli 2024, gab die Bayerische Staatsregierung die Einführung eines neuen Ladenschlussgesetzes für Bayern bekannt. Der Ministerrat beschloss, das Gesetz mit Neuerungen zu versehen, darunter die Möglichkeit von bis zu acht verlängerten Einkaufsnächten ohne besonderen Anlass von Montag bis Samstag bis 24 Uhr, den Schutz von Sonn- und Feiertagen, die Reduzierung bürokratischer Hindernisse sowie die Einbeziehung digitaler Kleinstsupermärkte in die Regelungen des Ladenschlussgesetzes. Darüber hinaus bleibt der grundsätzliche Ladenschluss um 20 Uhr erhalten. (Anm. der Redaktion: unten auf dieser Seite sehen Sie vollständigen Inhalte des Kabinettsbeschlusses)
Andreas Bauer, Leiter des Wirtschafts-, Liegenschafts- und Kulturreferats der Stadt Kaufbeuren
„Ich freue mich, dass der Ministerrat mit dem neuen Ladenöffnungsgesetz Sonn- und Feiertage schützt, aber die Möglichkeit für bis zu acht Einkaufsnächte schafft. Dafür habe ich mich über den Bayerischen Städtetag stark eingesetzt. Die Einkaufsnächte kommen den veränderten Lebensgewohnheiten der Menschen entgegen und dem allgemeinen Eventbedürfnis der Gesellschaft nach. Dem Einzelhandel gibt es Handlungsfreiheiten, sich dann und in entsprechend attraktivem Rahmen zu präsentieren, wann die Menschen Zeit und Muße haben. Die bisher einmal im Jahr stattfindende Shoppingnight in Kaufbeuren zeigt, wie stark die Menschen das Angebot einer Einkaufsnacht annehmen und welch Erfolg sie für den lokalen Einzelhandel sind. Und aus Sicht der Stadt sind Einkaufsnächte natürlich eine schöne Gelegenheit, die Altstadt und auch das Zentrum von Neugablonz zu beleben.
Bedauerlich erachte ich, dass die vielfach gewünschten Vereinfachungen für die Organisation der verkaufsoffenen Sonntage nicht aufgegriffen wurden. Hier hätte ich mir nicht eine Ausweitung der Anzahl, aber eine deutliche Vereinfachung der bestehenden hohen Organisationshürden gewünscht. Das hätte uns in Kaufbeuren sehr geholfen, die verkaufsoffenen Sonntage im Interesse des Einzelhandels besser zu nutzen.
Die digitalen Kleinstsupermärkte erachte ich nicht als Konkurrenz für den Einzelhandel, sondern als Ergänzung, aus Sicht der Kundschaften sogar als wohltuende Ergänzung.
Insgesamt eröffnen die Neuerungen dem vom Onlinehandel stark herausgeforderten Einzelhandel und auch den Städten mehr Gestaltungsfreiheiten. Auch werden die Lebensrealität und die veränderten Einkaufsgewohnheiten der Menschen anerkannt. Dies ist mehr als zu begrüßen. Auch wenn ich mir durchaus noch etwas mehr Liberalisierung gewünscht hätte, ist die jetzt vorgesehene Novellierung des Ladenöffnungszeiten ein guter und wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“
Maximilian Fischer, Vorstandsmitglied Aktionsgemeinschaft Kaufbeuren. Vorsitzender Bayerische Handelsverband Kaufbeuren/Ostallgäu
Wir, die Aktionsgemeinschaft Kaufbeuren und der Bayerische Handelsverband Kaufbeuren/Ostallgäu, begrüßen die Vorschläge der bayerischen Staatsregierung für ein bayerisches Ladenschlussgesetz – 18 Jahre nach der Föderalismusreform, die dies ermöglichte, und als letztes Bundesland in Deutschland.
Mit der aktuellen Fassung gelingt der Staatsregierung ein ausgewogener Kompromiss zwischen dem Schutz der Arbeitnehmer/-innen und einer teilweisen Lockerung für den Handel und die Kommunen. Besonders der Umgang mit digitalen Kleinstsupermärkten ist zeitgemäß und fördert die öffentliche Nahversorgung im ländlichen Raum.
Einzig bei der Erweiterung der Verkaufsfläche von 100 auf 150 Quadratmeter hätten wir uns etwas mehr Mut gewünscht und eine aktuelle Größenordnung, wie zum Beispiel die des V-Minis im Kaufbeurer Haken (384qm), erwartet,
Bericht aus der Kabinettssitzung vom 23. Juli 2024: Eigenes Ladenschlussgesetz / Abbau bürokratischer Hürden / Sonn- und Feiertage bleiben geschützt
Der Freistaat Bayern wird auf Beschluss des Ministerrates ein eigenes Bayerisches Ladenschlussgesetz (BayLadSchlG) erhalten. Damit wird der Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode umgesetzt, der weitere lange Einkaufsnächte und den durchgängigen Betrieb digitaler Kleinstsupermärkte als neue Form der Nahversorgung vorsieht.
Das BayLadSchlG wird das Bundesladenschlussgesetz von 1956 ersetzen. Im Sinne der Deregulierung und Entbürokratisierung werden zudem überflüssige Regelungen aufgehoben und bürokratische Hindernisse abgebaut. Die Balance der verschiedenen Interessen und der wichtige Schutzgedanke des Ladenschlussrechts bleiben gewahrt.
Folgende Eckpunkte werden gesetzlich verankert:
- Die allgemeinen werktäglichen Öffnungszeiten von 6 bis 20 Uhr werden beibehalten.
- Das grundsätzliche Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen ist verfassungsrechtlich geschützt und wird nicht angetastet. Weiterhin erlaubt sind bis zu vier anlassbezogene verkaufsoffene Sonn- oder Feiertage pro Jahr, welche durch die Gemeinden selbst festgesetzt werden.
- Städte und Gemeinden bekommen erstmals die Möglichkeit, pro Jahr bis zu acht längere anlasslose Einkaufsnächte von Montag bis Samstag bis 24 Uhr abzuhalten. Bislang war es maximal einmal jährlich im Kerngebiet einer Gemeinde aufgrund einer Trägerveranstaltung möglich. Es bedarf künftig keiner Genehmigung durch die Bezirksregierungen mehr.
- Durchgehender Betrieb digitaler Kleinstsupermärkte: Diese wurden bislang als reine Warenautomaten angesehen, fielen folglich nicht unter das Ladenschlussgesetz des Bundes und durften an Werktagen 24 Stunden öffnen, an Sonn- und Feiertagen eingeschränkt. Nach aktueller Rechtsprechung werden digitale Kleinstsupermärkte als Verkaufsstellen gewertet und unterliegen damit dem Ladenschlussgesetz des Bundes. Damit ein durchgehender Betrieb auch während der allgemeinen Ladenschlusszeiten sowie an Sonn- und Feiertagen möglich ist, bedarf es im BayLadSchlG einer Ausnahme. An Sonn- und Feiertagen dürfen diese nun generell öffnen. Den zeitlichen Rahmen gibt die jeweilige Gemeinde vor. Eine Beschränkung des Sortiments digitaler Kleinstsupermärkte ist gegenüber dem üblichen Warenangebot von Supermärkten nicht vorgesehen. Die maximal zulässige Verkaufsflächengröße beträgt 150 Quadratmeter.
- Der Sonn- und Feiertagsverkauf in Tourismusorten an bis zu 40 Tagen im Jahr bleibt erhalten, sofern er auf ein bezirksbezogenes Warensortiment sowie touristisch relevante Warengruppen und Lebensmittel, die zum sofortigen Verzehr geeignet sind, beschränkt ist. In diese Kategorie fallen derzeit etwa 500 der 2.056 bayerischen Gemeinden. Durch konkretisierte Kriterien sollten künftig im Wesentlichen die bisherigen Ausflugs- und Wallfahrtsorte ihren Status beibehalten können. Das Verfahren zur Bestimmung der Ausflugs- und Wallfahrtsorte wird jedoch flexibilisiert.
- Verkauf an Verkehrsanlagen: Hinsichtlich der Öffnungszeiten werden Verkaufsstellen an Fernbusterminals den internationalen Verkehrsflughäfen und Personenbahnhöfen gleichgestellt. Sie sind bislang nicht gesondert im Gesetz erfasst.