Alt-Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly und Dr. Regina Renner im Gespräch über Demokratie und gesellschaftliche Herausforderungen
„Quo vadis Demokratie“- „wohin führst du“, Demokratie? So könnte die sinngemäße Übersetzung des Veranstaltungstitels lauten, zu der die SPD Kaufbeuren in Zusammenarbeit mit dem Bundeswahlkreis eingeladen hatte. Zu Gast war Alt-Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, der 18 Jahre in Nürnberg wirkte und zusammen mit der Direktkandidatin für den Stimmkreis 257-Kaufbeuren Dr. Regina Renner den Abend gleichermaßen mit sachlicher Information wie einigen Anekdoten bereicherte.
Nach der Begrüßung durch Catrin Riedl nannte Maly die letzten Jahre einen „Experimentierraum für die Aneinanderreihung von unvorhergesehenen schlechten Ereignissen“. Dabei wollte er nicht gelten lassen, dass die sogenannte „Ampel“ alles schlecht gemacht habe. Immerhin sei man besser als manch anderes Land durch Corona, die auf den Russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine folgende Energiekrise und Inflation gekommen. Mehrere Rettungsschirme seien über Industrie und Gesellschafft gespannt worden. Dennoch habe er den Eindruck, dies alles werde nicht mehr gesehen und Deutschland konsequent schlechtgeredet. Maly zitierte den Schriftsteller Thomas Mann aus dem Werk Der Zauberberg „Was gab es denn? Was lag in der Luft? – Zanksucht. Kriselnde Gereiztheit. Namenlose Ungeduld.“
Beim Blick in Europäische Nachbarländer attestierte er Deutschland mit 11,3 % durchschnittlicher Sparrate den 2. Platz nach der Schweiz und nannte als weiteres Beispiel Italien mit 0,3 %. „Mit 46,1 Mio Beschäftigten, von denen die meisten in den letzten Jahren einen spürbaren Zuwachs des Reallohns hatten, blicken wir auf die höchste Zahl aller Zeiten“ so Maly und wies auf den Widerspruch hin, dass zwar 65 % in einer Befragung von sich sagten „es gehe ihnen gut bis sehr gut“, aber 80% behaupten, „Deutschland gehe es schlecht“. Dies werde offenbar im Zusammenhang mit der ungerechten Verteilung von Chancen, Vermögen und Teilhabe gesehen.
Der Alt-Oberbürgermeister geißelte die Wirkung von Social-Media und die Verbreitung von sogenannten Fake-News, die zusätzlich zu den Äußerungen mancher „selbstberufener Ratgeber für deutsche Politik ungeahnten Schaden für unsere Demokratie anrichten“.
In der von Pascal Lechler moderierten lebhaften Diskussion, stellte die Bundestagskandidatin Dr. Regina Renner zunächst die Frage: „Wie geht`s unserer Demokratie?“ und bekräftigte, dass die Politik trotz veränderter Parteienlandschaft durchaus handlungsfähig sei. Gleichwohl müsse künftig mehr Kompromissbereitschaft erkennbar sein. „Wir müssen kommunalpolitischer Denken“, sagte Renner in Anspielung auf Stadt- und Gemeinderäte, in denen oft mehr als 3 Parteien vertreten und trotzdem tragfähige Entscheidungen möglich sind.
Renner, die Pädagogik und Politikwissenschaft studierte, nannte in Anbetracht der großen sozialen Ungleichheiten den Ausbau gesellschaftlicher Teilhabe als Ziel. Zentrale Anliegen seien für sie eine nachhaltige Politik für Kinder und junge Menschen, die Energiewende für alle bezahlbar zu machen, bessere Bildungschancen von der Kita an, sowie eine stärkere Unterstützung von Familien.
Auf die Frage einer Diskussionsteilnehmerin „was sie denn nun wählen solle?“, gab Maly den Rat: „Ich würde die wählen, die uns doch recht ordentlich durch die Aneinanderreihung von unvorhergesehenen schlechten Ereignissen gebracht haben“.