Wird der Mensch mit künstlicher Intelligenz zum Schöpfer seiner selbst?
Künstliche Intelligenz ist längst Teil unseres Alltags. Oft bleibt unbemerkt, wie tief sie bereits in Entscheidungen eingreift – vom Navigationssystem bis zur automatisierten Diagnose in der Medizin. Doch je mehr Künstlicher Intelligenz (KI) zugetraut wird, desto lauter werden auch die Stimmen, die einen tiefgreifenden Wandel befürchten.
Manche Prognosen muten dramatisch an: In wenigen Jahrzehnten werde der Mensch nur noch als Erfüllungsgehilfe seiner eigenen Schöpfung, der Super-Rechner, existieren. Aber wie realistisch ist diese Vision wirklich? Und warum ähneln viele dieser Warnungen in ihrer Rhetorik religiösen Erzählungen?
Diesen Fragen geht der Theologe Dr. Yannick Schlote in seinem Vortrag „KI und der Mythos einer zweiten Schöpfung – Erschafft der Mensch sich selbst von Neuem?“ nach.
📅 Donnerstag, 15. Mai 2025, 19:30 Uhr
📍 Matthias-Lauber-Haus, Bismarckstr. 7
🎙️ Referent: Dr. theol. Yannick Schlote, LMU München
Zwischen Technikglauben und Schöpfungsmythos
Erfolge von Sprachmodellen wie ChatGPT haben KI stärker in den Fokus gerückt. Dabei geraten technische Entwicklungen und uralte Menschheitsfragen in ein Spannungsverhältnis. Ist der Mensch im Begriff, seine eigene Zukunft aus der Hand zu geben? Oder steckt hinter der Diskussion mehr ein Mythos als tatsächliche Bedrohung?
Dr. Schlote, Akademischer Rat an der LMU München, analysiert diese Erzählungen aus theologischer und ethischer Perspektive. Besonders auffällig sei, dass viele der technikbezogenen Zukunftsängste tief in der christlichen Gedankenwelt wurzeln – allen voran in der biblischen Schöpfungserzählung der Genesis. Obwohl die Debatte sich oft als rein rational versteht, ist sie von religiösen Vorstellungen durchzogen.
Aufklärung statt Alarmismus
In seinem Vortrag stellt Dr. Schlote nicht nur die technischen Grundlagen in einen größeren kulturellen Zusammenhang, sondern wirft auch die Frage auf, wer von der Angst vor einem „Machtwechsel“ zwischen Mensch und Maschine eigentlich profitiert. Er plädiert für eine nüchterne Auseinandersetzung mit der Technik – ohne Mythen, aber mit Sinn für die kulturellen Prägungen, die unser Denken beeinflussen.
Im Anschluss besteht Gelegenheit zur Diskussion. Besucherinnen und Besucher sind herzlich eingeladen, Fragen zu stellen und sich bei einem kleinen Imbiss auszutauschen.
Über den Referenten
Dr. Yannick Schlote ist Akademischer Rat an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der LMU München. In seiner 2023 erschienenen Dissertation „Konvergenz und Überwältigung“ untersucht er die Mythen der Künstlichen Intelligenz aus theologischer Sicht – ausgezeichnet mit dem Hanns-Lilje-Stiftungspreis für Wissenschaft.
Er ist Mitarbeiter im interdisziplinären Zentrum für Technik-Theologie-Naturwissenschaften (TTN) und an ethischen Begleitprojekten wie „Bavarian Genomes“ beteiligt. Seine Arbeit bewegt sich an der Schnittstelle von Glaube, Ethik und Zukunftstechnologien.